Landwirtschaftsmuseum
Gänsegeschnatter im Hof, der Duft von Kräutern aus dem Bauerngarten und das Geklapper der beschlagenen Hufe des Kaltblutpferdes ‚Max’ auf den Pflastersteinen – ein idyllisches Bild, das gern als Synonym für die Landwirtschaft von Medien aufgegriffen wird. Doch welches Bild der Landwirtschaft soll in einem Landwirtschaftsmuseum gezeigt und einer breiten Öffentlichkeit vermittelt werden, die selbst kaum noch Bezug zur Landwirtschaft hat. Vielleicht das der zahlreichen kleinen Höfe der Region, die sich früher selbst versorgten und durch den Verkauf von Vieh, Getreide oder Zuckerrüben einen kleinen Verdienst erwirtschafteten; oder das des heutigen Landwirten, der sich auf wenige Produkte spezialisiert und seinen Hof rationalisiert hat ?
Hier im Landwirtschaftsmuseum haben wir die wichtigsten Produkte, die in dieser Region angebaut wurden und noch werden als Grundlage unseres Konzeptes genommen. An Hand der hier ausgestellten Geräte sieht man, wie vor 150, 100 und 50 Jahren der Boden bearbeitet, die Aussaat vorgenommen und geerntet wurde. Am Beispiel dieser Geräte ist die Entwicklung des Ackerbaus abzulesen und damit verbunden enorme Veränderungen für die Landwirtschaft, die Einfluss auf die dörfliche Gemeinschaft und schließlich die Bevölkerung genommen haben.
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Austellungsinhalte
In den Ausstellungsräumen des Hofes werden neben temporären Ausstellungen einige Grundlagen der Landwirtschaft gezeigt, wie die unterschiedlichen Bodenarten am Beispiel zweier Profile von Parabraunerde und Sandboden und die Grundsätze der Fruchtfolge, der zeitlich aufeinanderfolgende Anbau verschiedener Feldfrüchte auf einer Fläche. Der Anbau von Zuckerrüben und Getreide wird erklärt und die unterschiedlichen Getreidearten dargestellt. Ein Film, der von RWE gefördert wurde, zeigt Möglichkeiten der Energiegewinnung aus der Zuckerrübe.
In einem weiteren Raum wird die Geschichte und der vielfältige Einsatz der Rheinischen Kaltblutpferde dargestellt, Geschirre zeigen die Anspannungsformen und alte, handgeschriebene Zuchtbücher geben Auskunft über die Erfolge dieser Pferdezucht.
Die Ausstellungshalle des Landwirtschaftsmuseums zeigt acht thematische Schwerpunkte: sie sind neben der Bodenbearbeitung und der Einsaat und Düngung die Produktion von Getreide und Hackfrüchten. Mit der Grünlandbewirtschaftung wird die Herstellung von Raufutter für die Tiere behandelt. Die Hofwirtschaft stellt die Weiterverarbeitung des Getreides und Geräte vor, die auf dem Hof verwendet wurden, wie Förderbänder, Dunggreifer, Mühlen und Quetschen. Aber auch die unterschiedlichen Antriebsarten vom pferdebetriebenen Göpel bis zum Antriebsmotor werden gezeigt. Mit den Zugtieren und den unterschiedlichen Kutschen wird ein Bereich des Archivs der Rheinischen Kaltblutzucht präsentiert.
Die Traktoren der Firma CASE IH in der Mitte der Halle bilden eine Technik-Achse, die die Entwicklung seit den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts dokumentiert.
Zur Bodenbearbeitung
Der Ackerboden ist in Millionen von Jahren durch die Verwitterung der Gesteinsarten und durch Verwesung pflanzlicher und tierischer Organismen entstanden. In der Vorzeit, als wenigen Menschen noch scheinbar unbegrenzte Bodenflächen zur Verfügung standen, genügten die im Boden vorhandenen Wachstumskräfte. War der Boden ausgelaugt, zog man weiter und bearbeitete neue Böden. Heute hat sich die Situation drastisch verändert: Immer mehr Menschen müssen mit dem Ertrag begrenzter Ackerflächen ernährt werden. Um die Fruchtbarkeit des Ackerbodens zu erhalten, wird er mechanische bearbeitet. Mit dem Pflug lockert man ihn auf, damit er Luft und Wasser aufnehmen kann. Er ist das wichtigste Gerät in der Landwirtschaft und schon den ältesten Kulturen bekannt. Ursprünglich war er nur ein Handgerät zum Aufreißen des Bodens und bald spannte man Tiere davor. Im Jahre 1795 erfand der Engländer Bailey das Grundprinzip der heutigen Bodenbearbeitung, das Wenden des Erdstreifens mit Hilfe eines Streichbleches.
Während der Pflug noch in tieferen Schichten arbeitet, wird die Egge zum Einebnen und Krümeln der Ackeroberfläche, zur Unkrautbekämpfung und zum Einarbeiten von Dünger und Saatgut verwendet. Mit ihr reißt man Wiesen auf, um den Boden besser zu durchlüften. Da sie nur auf der Oberfläche arbeitet, hat sie im Gegensatz zum Pflug keine Räder. Auch bei den Eggen gibt es, wie bei den Pflügen, je nach Arbeitseinsatz zahlreiche Modelle.
Zur Einsaat und Düngung
Früher wurde das Saatgut mit der Hand verteilt und danach untergeeggt. Heute verwendet man je nach Aussaat unterschiedliche Sämaschinen, die das Saatgut genau erfassen und ihm die günstigste Tiefe im Boden geben. Im Laufe der Jahre sind verschiedene Säverfahren, wie die Einzelkorn- oder die Drillsaat und die dazu erforderlichen Maschinen entwickelt worden.
Die Düngung bildet eine gleichmäßige Wachstumsschicht für die Saat. Es sind Stoffe, die mittelbar oder unmittelbar Pflanzen zugeführt werden, um das Wachstum zu fördern, den Ertrag zu erhöhen und die Qualität zu verbessern.
Über Jahrhunderte wurde mit Jauche ( Stickstoff und Kalium ) und Stallmist ( Phosphorsäure und Kalk ) gedüngt. Während Jauche der Hauptnährstoffträger für die Pflanzen ist, gilt Mist als Lebensfundament für den Boden und die humusbildenden Bakterien.
Zur Graswirtschaft
Zum Feldfutterbau zählen kleeartige Futterpflanzen, Luzerne, Futtergräser und ihre Gemische. Da in unseren Breiten mit 180 – 220 Winterfuttertagen zu rechnen ist, muss für die Tierhaltung das Futter konserviert werden. Es bieten sich zwei Verfahren an, die Herstellung von Heu oder Silage. Nach der Ernte wird das Gras getrocknet und als Heu zu Ballen gepresst, um das Volumen zu verringern und sie transport- und lagerfähig zu machen.
Das Verfahren des Silierens, hochwertiges Futtermittel für Tiere durch Gärung unter Luftabschluss zu konservieren, wird schon seit Jahrtausenden in der Landwirtschaft angewandt. Meistens sind es flach am Feldrand angelegte ‚Mieten‘ oder auf dem Hof befindliche Silos, in die das Futter eingebracht wurde. Dort wurde es verdichtet und luftdicht abgeschlossen. Verglichen mit der Geschichte der Silage selbst ist die moderne und ‚portionsweise‘ abgepackte Ballensilage eine neue Entwicklung der Landwirtschaft, mit der in den 70er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts in den skandinavischen Ländern begonnen wurde. Im Vergleich zu angelegten Mieten am Feldrand ergeben sich die Vorteile dieser Ballen bei größeren Entfernungen zwischen Hof und Feld, da sie besser transportabel sind.
Geräte zur Rübenernte
Die 250 jährige Geschichte der Zuckerrübe und ihres Anbaus im Rheinland ist nicht nur von großen Anstrengungen für Mensch und Tier, sondern auch von wichtigen Erfindungen und technischen Entwicklungen geprägt.
Lange Zeit war der Fortschritt in Anbauverfahren und bei den eingesetzten Geräten eher verhalten. Erst in den letzten 50 Jahren des 20. Jahrhunderts sind die Veränderungen beeindruckend. In dieser Zeit stiegen die Rübenerträge um fast das Doppelte je Hektar und die Arbeitskraft konnte von 400 auf 40 Std. gesenkt werden.
Grundlage für die Entwicklung ist eine Pflanze, die den höchsten Nährstoffwert aller Kulturpflanzen liefert. Mit rund 100 g Zucker pro Rübe, es sind 15 – 18 % ihres Gewichtes, ist sie merklich leistungsfähiger als das Zuckerrohr. Darüber hinaus bindet die Zuckerrübe große Mengen an Kohlendioxyd und produziert 15 Mio. Liter Sauerstoff auf einem Hektar, mehr als ein Wald auf gleicher Fläche. Damit leistet sie einen wertvollen Umweltbeitrag.
Eine erste Arbeitsersparnis während der Ernte brachte ab 1920 das ‚Pommritzer Verfahren’, das den traditionellen Arbeitsablauf – erst Roden dann Köpfen – umkehrte. Mit langstieligen Köpfschippen wurde das Blatt abgetrennt und mit dem Grabeisen oder Heber anschließend die Rübe gerodet. Mit dieser Methode entwickelten sich schnell auch gespanngezogene Rodepflüge, die die Rüben gänzlich aus der Erde hoben. Sie hatten in meist einreihiger Ausführung eine Leistung von einem 3/4 ha pro Tag und reduzierten die gesamten Arbeitsstunden der Erntearbeit von 200 auf 130 pro ha.
Mitte des 20. Jahrhunderts, als die Motorisierung der Landwirtschaft einsetzte, wurden schleppergezogene und -angetriebene Köpfroder entwickelt, die mehrere Arbeitsgänge miteinander verbanden und die schwere körperliche Arbeit ersetzten. Diese Maschinen legten die Rübenkörper und Blätter anfangs in Längsschwaden ab und erst später wurden sie mit Bunkern ausgerüstet, die ein Sammeln der Rübe ermöglichten.
Zu Erntemaschinen für Getreide
Die Getreideernte beginnt in Deutschland im Juli und dauert, je nach Wetterlage, bis Anfang September. Zuerst ist Gerste reif, ihr folgt Roggen und schließlich Weizen und Hafer.
Fuhr man zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch ca. 10 dt/ha ein, so sind es bei Weizen heute 80 – 100 dt/ha. Eine deutliche Verbesserung der Erträge zeigte sich erst nach dem 2. Weltkrieg, als die Mechanisierung der Landwirtschaft voranschritt, der Boden optimal vorbereitet, Düngemittel gezielt eingesetzt werden konnten und ertragreichere Getreidesorten gezüchtet wurden.
Der erste öffentliche Wettbewerb, eine Getreide-Erntemaschine zu erfinden, wurde 1785 von der Royal Society of Arts in England ausgeschrieben. Erst 1825 erfand der Pfarrer Patrik Bell in England und wenig später O. Hussey in Amerika den Mähbalken, mit dem das Getreide geschnitten werden konnte. Cyrus McCormick hat den Mähbalken von Hussey in Serie gebaut, so dass dieser als Ausgangsform der späteren Mähmaschinen angesehen wird. Mit diesem Gerät konnte das Getreide geschnitten und in kleinen Gruppen abgelegt werden.
Der Mähbalken selbst besteht aus zwei Teilen, einem tragenden und fest installierten Fingerbalken, der gleichzeitig als Lagerung und Führung für den beweglichen Messerbalken dient. Die nebeneinander befestigten, flachen und dreieckförmigen Messer bilden durch das schnelle Hin- und Herbewegen im Fingerbalken eine Art ‚Schere’, mit denen Gras oder Getreide geschnitten werden kann. Dieser Schneidemechanismus wird heute noch in den Mähdreschern verwendet.
Hinter dem Mähbalken wurde eine gerade oder viertelkreisförmige Holzkonstruktion angebracht, mit der man das Getreide ablegen konnte. Es musste jedoch weiterhin mit der Hand zu Graben zusammengebunden und zum Trocknen aufgestellt werden. Doch auch dieser Arbeitsschritt wurde bald maschinell ersetzt. In den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts wurde dem Mähbalken ein Bindemechanismus hinzugefügt, der die Garben zunächst mit Draht und später mit einem Faden zusammenband.
Wurden in Deutschland noch Mähbalken und Dreschmaschinen parallel nebeneinander eingesetzt, so versuchte man in Amerika bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein Kombigerät, den sogenannten Mähdrescher zu bauen. 1834 erhielten Moore und Haskall das erste Patent für einen Mähdrescher und 1883 entwickelte die Firma Shippee Mähdrescher, die mit bis zu 30 Pferden oder Maultieren gezogen wurden. Schon wegen der im Vergleich zu Amerika relativ kleinen Felder in Deutschland wurde die Entwicklung der Landtechnik für Erntemaschinen hauptsächlich in Amerika vollzogen.
Zur Hofwirtschaft
Dreschen bedeutet das Lösen der reifen Frucht aus den Ähren durch mechanische Einwirkung. Früher war es ein Arbeitsschritt im Winter, nachdem die Feldarbeit draußen beendet war. Nach dem Dreschen wurde das Getreide gereinigt, die großen von den kleineren Körnern und von der Spreu und Unkraut getrennt. Seit dem 18.Jahrhundert wurden hierfür Windfegen eingesetzt. Das Getreide, das von oben eingeführt wurde, führte am Luftzug vorbei und fiel auf Grund der unterschiedlichen Gewichte der Körner in verschiedene Kästen. Die Windfegen sind bis ins 20 Jahrhundert hinein gebaut und auf kleineren und mittleren Höfen bis zum Aufkommen der Mähdrescher verwendet worden.
Neben der Erntemaschine für Getreide entwickelte sich die Dreschmaschine. Obwohl schon die Windfege und Dreschtrommel bekannt waren, wurde erst ab 1845 ein Gerät konstruiert, dass das Dreschwerk, den Schüttler und die Windreinigung zusammenführte. Es war die erste Dreschmaschine.
Die Garben wurden aufgebunden und von oben in die Dreschmaschine gelegt. Sie durchliefen die Dreschtrommel, die die Körner aus den Ähren schlug. Das Stroh fiel auf einen Schüttler, der die restlichen Körner von dem Stroh trennte. Im unteren Teil der Dreschmaschine war ein Gebläse installiert, das nach dem Prinzip der Windfege die Körner nach Größen sortierte und von Staub und der Spreu reinigte.
Angetrieben wurden diese Maschinen von Hand oder mit einem Göpel, der von Tieren gezogen wurde. Später verwendete man Dampfmaschinen oder stationäre Motoren. Mit diesen Dreschmaschinen wurde in Deutschland bis nach dem 2. Weltkrieg gearbeitet und erst in den 50er Jahren von Traktor gezogenen oder selbstfahrenden Mähdreschern ersetzt.
Zur Geschichte der Traktoren am Beispiel von IHC und CASE
Nachdem sich 1902 in Amerika, mit dem Sitz in Chicago, zwei große Hersteller von Erntemaschinen, die Firmen McCormick und Deering zur International Harvester Company – IHC zusammengeschlossen hatten, gründeten sie 1908 ein Zweigwerk für Erntemaschinen in Neuss. Es wurden Grasmäher, Heuwender und Heurechen, sowie Getreidemäher, Selbstbinder und Düngerstreuer hergestellt.
Obwohl die Firma bereits ab 1906 in Amerika Traktoren fertigte, begann man in dem Neusser Werk erst 1937 mit der Produktion von Traktoren. Die technische Entwicklung der Maschinen zur Getreideernte und auch die der Traktoren vollzog sich überwiegend in Amerika. 1918 führte IHC als erstes Unternehmen den Zapfwellenantrieb ein und ersetzte damit den Bodenantrieb der angehängten Geräte. Zwischen 1932 und 1933 wurden die schweren Eisenreifen durch eine Luftbereifung ersetzt und 1951 wurde der erste, von Neusser Ingenieuren konstruierte Vorkammer- Dieselmotor mit 25 PS eingeführt. Zwei Jahre später entwickelte man eine Schlepperreihe mit unterschiedlichen Leistungen, mit 14, 20 und 30 PS.
Neben den Traktoren wurden auch die Landmaschinen weiterentwickelt und 1959 wurde der erste Mähdrescher im Werk in Heidelberg gebaut.
Das Neusser Werk wurde 1965 umstrukturiert, man konzentrierte sich auf die Herstellung von Motoren und Traktoren, die Produktion der Landmaschinen wurde eingestellt. 1985 übernahm die Tenneco-Company weltweit die Firmenanteile der IHC. Mit dem Tochterunternehmen J.I.Case fusionierte IH und die Marktbezeichnung lautete nun CASE IH.
Mit der Schließung des Neusser Werkes 1997 erhielt das Museum den letzten vom Band gelaufenen Schlepper, einem Maxxum 5150 mit 132 PS, als Schenkung und das Angebot, eine überregional bedeutsame Sammlung von Landmaschinen und das dazugehörige Archiv zu übernehmen. Die Sammlung besteht aus Maschinen zur Getreideernte und zahlreichen ‚roten’ Traktoren, an Hand derer die Motorisierung der Landwirtschaft bis 1997gezeigt werden kann.